03.11.2004
NABU protestiert gegen "ungeplantes" Rückhaltebecken
Resolution des NABU Sachsen-Anhalt zur Errichtung eines
Hochwasser-Rückhaltebeckens bei Meisdorf im SelketalMagdeburg –
Der NABU Sachsen-Anhalt hat auf seiner
Landesvertreterversammlung in Magdeburg am 31.11.2004 eine
Resolution gegen die Errichtung eines sogenannten grünen
Rückhaltebeckens in Meisdorf, ohne jegliche raumordnerische
Abprüfung im Rahmen eines hier notwendigen
verwaltungsrechtlichen Verfahrens, beschlossen. Anlaß dafür sind
die jüngsten politisch überstürzten Planungen für Meisdorf sowie
das bereits eröffnete Verfahren in Straßberg. Beide
Hochwasserschutz-Anlagen sollten nach Ansicht des NABU auf jeden
Fall raumordnerisch gemeinsam betrachtet werden.
Die besondere Eigenart und Schönheit des Selketals sind die
Grundlagen der überregionalen Bedeutung für landschaftsbezogene
Erholung und damit auch für den Tourismus, denn die Region lebt
davon. Der Tourismus ist vielleicht sogar einer der wichtigsten
Wirtschaftsfaktoren im Harz insgesamt. Die Errichtung eines
Hochwasserrückhaltebeckens würde eine erhebliche Entwertung des
Selketals für den Naturschutz und das Landschaftsbild nach sich
ziehen.
Ohne raumordnerische Gesamtbetrachtung der beiden geplanten
Standorte Straßberg und Meisdorf werden hier im Rahmen des
vorsorgenden Hochwasserschutzes wichtige nationale und auch
europäische Naturschutz-Belange zugunsten einer
Hochwasser-Maximalvariante hinten an gestellt. Das alles erfolgt
ohne Abprüfung von möglichen Alternativen in einem
ordnungsgemäßen Raumordnungsverfahren. Dabei gibt es laut
Selkestudie durchaus 9 dieser Alternativvarianten. (In dem
eigentlich erst nachfolgenden wasserrechtlichen
Panfeststellungsverfahren findet diese Alternativenprüfung nicht
mehr statt). Der NABU fordert das Land auf, das im Jahr 2003 dem
NABU zugesagte Raumordnungsverfahren nicht " klammheimlich unter
den Tisch fallen zu lassen".
Im Vorfeld der politischen Entscheidung für das
Hochwasserrückhaltebecken Meisdorf wurden die notwendigen
Diskussionen vor allem zu Alternativvarianten zum
Hochwasserschutz leider nicht in dem Maße geführt, wie sich das
der NABU gewünscht hätte und auch gefordert hat. Mit der
Entscheidung der Landesregierung, neben dem Standort Straßberg
noch ein zusätzliches großes Becken oberhalb von Meisdorf zu
errichten, wurde vielmehr eine Entscheidung zugunsten der
Maximalvariante getroffen.
Hintergrund
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welcher
Zugewinn an Hochwassersicherheit durch weniger überflutete
Flächen - so heißt es offiziell - unter dem Strich durch das
Hochwasserrückhaltebecken in Meisdorf für die Unterlieger
erreicht würde und ob dieser Zugewinn die Zerstörung des
Selketals rechtfertigt. Aus der Sicht des Naturschutzbundes
sollten wirklich noch einmal Kosten und Nutzen gegeneinander
abgewogen werden. Der Naturschutzbund hat bezüglich des
geplanten Standortes Meisdorf das Bundesamt für Umweltschutz um
gutachterliche Stellungnahme gebeten.
Auszug daraus: "Die Annahme, die Sicherheit des Schutzes vor
einem zum Beispiel 200-jährlichen Hochwasser wie 1994 werde
erhöht, trügt, Bemessung und Betrieb des
Hochwasserrückhaltebeckens könnten den Schutz der Unterlieger
gegen Hochwasserschäden bestenfalls lediglich für
Hochwasserereignisse sicherstellen, die kleiner oder gleich dem
100-jährlichem Bemessungshochwasser sind.
Die geplante Anlage verschärft somit die Hochwassergefahr für
noch größere Hochwasserereignisse."
"Deshalb aber das wesentlich seltenere 200-jährliche Hochwasser
vom 13. April 1994 als Bemessungsgrundlage zu nehmen, wäre in
Anbetracht der weiter steigenden Nachteile durch noch größere
oder mehr Hochwasserrückhaltebecken unverhältnismäßig."
Ansprechpartner
Annette Leipelt
Tel. 0391/ 634 50 01 |