Chronik     und     Dokumente       - Stellungnahme des Harzer Verkehrsverbandes

Hochwasserrückhaltebecken im Selketal
Stellungnahme des Harzer Verkehrsverbandes vom 21. Mai 2003

Fragt man nach der Hauptmotivation ihres Besuches in unserer Region, steht für die allermeisten Besucher und Gäste des Harzes das Naturerlebnis an erster Stelle. Dabei ist es besonders die landschaftliche Vielfalt auf vergleichsweise überschaubarem Raum, die den Harz zu einem bevorzugten Ziel für Naturtouristen macht.

Dem eher gebirgigen Charakter im Nordwesten, geprägt durch dichte Fichtenwälder und schroffe Gesteinsformationen mit dem Brocken als Höhepunkt, stehen sanft geschwungene Berglandschaften mit ausgedehnten Bergwiesen und Mischwäldern in den östlichen Teilen gegenüber. In diese abwechslungsreiche Landschaftsarchitektur fügen sich unzählige Bäche und Flüsse ein, die der Harzlandschaft insgesamt ihren einzigartigen Charakter verleihen, der von den Besuchern hoch geschätzt wird.

Hinzu kommen Natur-"Highlights", die als besondere Anziehungspunkte gelten. Neben den beiden Nationalparken und dem Bodetal ist an dieser Stelle eines der wenigen noch in weiten Bereichen naturbelassenen Flusstäler zu nennen: das Selketal, insbesondere in seinem Teilabschnitt zwischen Mägdesprung und Meisdorf, der zu recht als Naturschutzgebiet deklariert wurde.

Im Zuge der Trinkwassergewinnung und des Hochwasserschutzes sind im vergangenen Jahrhundert zahlreiche, aus heutiger touristischer Sicht hochattraktive Tallandschaften verloren gegangen. An ihre Stelle traten landschaftsprägende Talsperren, die den ursprünglichen Landschaftscharakter einschneidend, nachhaltig und nicht immer zum Besseren verändert haben. Dies trifft für die Talsperren der Oder, Oker, Söse oder Innerste ebenso zu wie für das Talsperrensystem der Rappbode.

Noch in den 1980er Jahren sollte eines der letzten naturbelassenen Täler des Westharzes, das Siebertal, ebenfalls zugunsten einer Talsperrenanlage aufgegeben werden. Der Plan wurde letztlich aufgrund der Widerstände aus Bevölkerung und Umweltschutz verworfen. Heute dokumentiert ein Übernachtungsvolumen von 55.000 Gästen in den nur 330 Gästebetten des kleinen Ortes Sieber die Richtigkeit dieser Entscheidung aus touristischer Sicht und die Bedeutung des Faktors Tourismus für die lokale Wirtschaftsentwicklung.

Ungeachtet der möglichen Notwendigkeit für Maßnahmen des Hochwasserschutzes, die sich unserer Fachkenntnis entzieht, sollte in einer Region, deren Wirtschaftskraft in hohem Masse von der, Entwicklung des Tourismus abhängig ist, jedes Vorhaben das hierauf negative Auswirkungen haben könnte, einer besonders strengen Prüfung unterzogen werden. Dies gilt besonders dann, wenn mit den geplanten Massnahmen drastische Landschaftsveränderungen einhergehen, die zudem auch noch Landschaftstypen betreffen, die regional nur noch an wenigen Stellen des Harzes in einer solchen Ausprägung vorhanden sind, wie dies für das Selketal zutrifft.

Das Selketal in seinem o. g. Abschnitt gehört zu den wenigen noch verbliebenen Tälerlandschaften, die weder durch Strassen noch durch Bahntrassen oder Hochspannungsleitungen beeinträchtigt werden und daher in hohem Maße des Naturschutzes bedürfen um diese Einmaligkeit nicht zu gefährden.

Der Harzer Verkehrsverband geht daher davon aus, dass die Entscheidungsträger alle möglichen Konsequenzen eines solchen Projektes in die Entscheidungsfindung einbeziehen und dabei insbesondere die Auswirkungen auf den Tourismus, die nicht nur lokal begrenzt sein werden sondern regional ausstrahlen, verstärkt berücksichtigen. Sofern die Möglichkeit besteht, weniger landschaftsverändernde Maßnahmen zum Hochwasserschutz durchzuführen, sollte diesen der Vorzug gegeben werden.

Michael Lücke                                                                                     21. Mai 2003
Geschäftsführer


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