Chronik     und     Dokumente    -                Flugblatt des Harzklubs Harzgerode

HARZKLUB - Zweigverein – Harzgerode e.V.

Am 13. April jährte sich zum 10. mal der Tag
des extremen Hochwassers im Selketal.
Trotzdem ist unser Selketal jetzt einmal mehr
zwischen Selkemühle und Meisdorf in akuter Gefahr !

Das Selketal darf n i c h t auf Grund einseitiger Interessenausrichtung durch ein Dammbauwerk zerstört werden !

Bei der geplanten Dammhöhe von 12 bis 18 Metern und einem Anstau tritt eine Überflutung des Selketals in einer Länge von 2,5 bis 3,5 km ein. Schlamm, Treibgut und alles mögliche vor allem mitgeführte toxische Stoffe aus den seit dem Hochwasser 1994 ausgespülten Halden des Altbergbaus, lagern sich nach dem Wasserabfluss auf den gesamten Flächen ab.
Diesen Sondermüll beseitigt danach niemand mehr, allein aus arbeitstechnologischer Sicht ein undurchführbares Unterfangen. Vor sich hinfaulende Kloake findet sich dann so weit das Auge reicht. Kein Leben hat mehr eine Chance.
In mehreren Beratungen nach Bekanntwerden der Studie zum Hochwasserschutz im Selketal wurde die Einzigartigkeit des Selketals besonders auch als eines der unverbauten Täler unseres Harzes immer wieder hervorgehoben.
Diese Einzigartigkeit muss bewahrt bleiben !
Es wurde in intensiven Gesprächen mit den zuständigen Fachleuten des Landesbetriebes für Hochwasserschutz u.a. auch nach Alternativen gesucht.
Es ist gelungen in gemeinsamer Arbeit (NABU, BNU, SDW, Harzklub und Landesbetrieb) durch die Einbeziehung von den 30 vorhandenen, mindestens 9 (!)Teichen im Einzugsgebiet, die hauptsächlich mit dem technischen Fortschritt des Bergbaus, aber auch zur Trinkwasserspeicherung angelegt, heute nicht mehr diesen Zwecken dienen bzw. nur noch bedingt, für den Hochwasserschutz zu nutzen.
Diese Teiche können bei einer entsprechenden Bewirtschaftung und nach teilweiser Sanierung sofort zum Hochwasserschutz herangezogen werden. Ein Dammbauwerk im Uhlenbachtal wäre wichtig.
Damit gelänge es bereits über 50% der von den Fachleuten auf ein hundertjähriges Hochwasser angesetzten Kapazität unmittelbar in den Nebenbächen zurückzuhalten.
Einhergehend und ergänzend dazu sollte die Sanierung der 3 Harzgeröder Teiche, die als Klärteiche bisher zweckentfremdet genutzt waren, erfolgen.
Damit wäre das vom Höhensattel westlich aus der Stadt Harzgerode abfließende Regenwasser gepuffert.
Unter Beachtung der damit erreichbaren Rückhaltekapazität ist das Stauwerk im Selketal nachweislich nicht mehr notwendig !
Für uns ist es daher sehr befremdlich, dass offenkundig die Bürgermeister der Orte in der Selkeaue des Harzvorlandes überhaupt nicht über die Ergebnisse der vorhergehenden Beratungen durch die Vertreter des Landesbetriebes informiert wurden und somit die v.g. nutzbringenden Möglichkeiten verschwiegen wurden. Denn wie sonst ist es zu erklären, dass Orte wie Meisdorf, die nur vom und mit dem unverbauten Selketal, durch die landschaftliche Vielfalt, Eigenart und Schönheit somit auch von der großen touristischen Bedeutung profitieren, sich diese (einzige?!) Möglichkeit verbauen lassen wollen.
Eine weitere Realität besteht darin, dass die angrenzenden Ackerflächen um die Orte im Harzvorland von der Flächenausdehnung her etwa genau doppelt so groß sind wie das gesamte Selketal. Als jeweilige Auftrefffläche des Regenwassers gesehen, also daher logischerweise etwa die doppelte Menge an Wasser hier von diesen Flächen kommt, damit unmittelbar an und in den Ortslagen mehr oder minder schnell (teilweise auch noch begünstigt durch Melioration) sich sofort in die Selke ergießt und versucht dort abzufließen.
Zum anderen ist ebenfalls bekannt, dass ein Waldgebiet ein Vielfaches mehr an natürlichem Speichervermögen aufweist als ein bearbeiteter Ackerboden im Harzvorland.
Also, die Verweildauer ebenfalls sich damit gravierend unterscheidet.
Regenwasserspeicherung und –nutzung hierzulande bisher fast ein Fremdwort und wird in keinster Weise beachtet oder womöglich gefördert.
Warum eigentlich ist das hier so?
Damit würden ebenfalls enorme Mengen bei der hohen Versiegelungsdichte der Oberflächen in den Ortslagen aufgefangen werden und somit zurückgehalten vom Abfließen über die Bäche in die Selke.
Wir sind nicht gegen einen notwendigen Hochwasserschutz.
Dieser muss jedoch differenziert und für unsere Region angepasst sein.
Dazu beitragen kann direkt auch die Verminderung der Flächenversiegelung und die Bewahrung von Retentionsräumen d.h. auch im konkreten die Nichtakzeptierbarkeit der Ausweisung von Bauland in bisherigen Überschwemmungsbereichen.
Das Hochwasser vom 13. April 1994 ist uns noch in Erinnerung, die Flutkatastrophe im August 2002 in Sachsen und Thüringen weiter vor Augen.
Einen 100 %igen Hochwasserschutz gibt es nicht !
Mit dem für das Selketal bestätigten Hochwasseraktionsplan wird versucht, an der Wirkung herumzudeuteln und nicht wie dabei dringend notwendig den Ursachen entgegen zu wirken.
In anderen Bundesländern, so in Nordrhein-Westfalen, gibt es seit 1996 eine Novellierung des Wassergesetzes. Dort wird Regenwassernutzung und damit Regenwasserrückhaltung im Entstehungsbereich finanziell gefördert.
Warum ist das nicht auch bei uns in Sachsen- Anhalt möglich ?
Das über Jahrhunderte vom Menschen als wichtigstes Lebensgut geschätzt und zum Diener des technischen Fortschritts verwendete Nass wird nun verteufelt und verflucht.
Vielleicht auch durch die Mär vom Bösen, die sich auch gut auf unser Selketal in Anlehnung an Spuk und Mummenschanz des Harzes vortragen lässt, um der Realität auszuweichen und damit die Natur missachten zu können.
Dabei wird schnell auch noch dem „Hochwasser“ das in den Kellern von Gatersleben stehende Wasser, was diesmal aber einfach nicht mehr abfließen will, weil vielleicht mit dem stetig steigenden Grundwasser im Zusammenhang der Taugebauflutung verbunden, zugeschoben.
Auch, dass in Reinstedt das „Hochwasser“ Anfang des Jahres 2003 Ortsbereiche überschwemmte, die selbst 1994 nicht betroffen waren. Dass das Wasser dort diesmal nicht von der Selke kam, ist bekannt, wird jedoch auch jetzt bei der allgemeinen Angst vor Hochwasser mit benutzt, um für das geplante Bauwerk im unteren Selketal zu werben und jedem zu suggerieren dass nach dessen Errichtung das Harzvorland vor „Hochwasser“ geschützt wäre.
Die Ablass- bzw. Durchlassmenge von 15 m³/s ist damit vergleichbar, dass an jeder Stelle des Selkelaufes unterhalb des Staubauwerks eine Flussbettiefe von mindestens 2 Meter und eine Breite von 7,5 Meter, oder bei 1 Meter Tiefe 15 Meter Breite vorhanden sein müsste, um diese frei durchfließende Wassermenge schadlos abzuleiten. Vergleichen Sie selbst an welchen Stellen das Flussbett tatsächlich solch ein Profil aufweist! Berücksichtigt sind dabei noch nicht die Wassermengen von den angrenzenden Ackerflächen und aus dem Schiefen Tal, die zudem noch zusätzlich in die Selke strömen.
Alle anderen Bereiche werden zwangsläufig weiter überflutet werden.
Also, was soll solch ein die Landschaft verschandelndes und das Selketal zerstörendes Bauwerk?
Oder geht es hier nur um einen scheinbaren Hochwasserschutz, um etwas vorzuweisen, was aber nicht den Nutzen bringt, jedoch gewaltige Kosten verursacht ?
Unkontinuierliche bzw. gar nicht durchgeführte Gewässerunterhaltung sind ein weiteres beredtes Zeugnis des nicht wirklichen Hochwasserschutzes. Hier muss sofort angesetzt werden. Diese und auch individuelle Schutzmaßnahmen für einzelne Grundstücke oder Gemeindeteile müssen vordergründig Beachtung finden.
In der heutigen Zeit ist es nahezu üblich geworden, dass wie in diesem Fall ein „friedliches“ Gebirgstal als Beelzebub herangezogen wird, um begangene oder womöglich noch geplante Nachlässigkeiten im Umgang mit der Natur zu verdecken.
Wir würden uns freuen, auch Sie aus diesem, für unsere Region dem Selketal und damit dem Gesamtharz, wichtigen Problem zu sensibilisieren und sie bitten unter v.g. Aspekten Ihren Standpunkt zu überdenken.

Horst Schöne
Vorsitzender


Zur Startseite von www.rettet-das-selketal.de