I Veranlassung
Im April 1994 kam es im Selketal zu einem außerordentlichen
Hochwasser mit zum Teil katastrophalen Folgen. Bei den
Bewohnerinnen und Bewohnern wuchs die Angst vor weiteren
derart starken Hochwasserereignissen und es wuchs die
Erwartung nach effektivem Hochwasserschutz gegenüber den
zuständigen Stellen. Infolgedessen wurde die
Hochwasserschutzkonzeption Selke veranlasst. Zwei
Hochwasserrückhaltebecken (HRB) (Straßberg und Meisdorf)
wurden detailliert geplant. Diese beiden HRB würden
effektiven Hochwasserschutz leisten. Gleichzeitig stellen
sie erhebliche Eingriffe in den naturschutzfachlich
hochsensiblen und landschaftlich wertvollen Naturraum des
Selketals dar. Das Selketal hat einen besonders hohen,
internationalen Schutzstatus.
Hochwasserschutz und Naturschutz geraten bei dieser Planung
in sehr erhebliche Spannung. Die bisherigen Planungen
konnten diese Problemstellung nicht abschließend lösen.
In dieser Situation und um die Stagnation an der Selke
aufzulösen, initiierte Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert den
Selke-Dialog am 13. Juni 2017, setzte den Runden Tisch ein,
zu dem sie die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden,
Vertreter von Interessenverbänden und die Bürgerinitiativen
einlud und berief den Moderator.
Ziel war es, innerhalb eines Jahres im Rahmen des Runden
Tisches alternative Maßnahmen zu erörtern, tragfähige
Lösungsvorschläge für einen nachhaltigen Hochwasserschutz an
der Selke zu erarbeiten und Frau Ministerin Prof. Dr.
Dalbert zur Prüfung im weiteren Planungsprozess zu
übergeben.
II Der Prozess
Der Runde Tisch erörterte ergebnisoffen die vorliegenden
Maßnahmen und ergänzenden Möglichkeiten im Zusammenhang mit
den bisher geplanten Rückhaltebecken Straßberg und Meisdorf,
um einen HQ100-Hochwasserschutz bereits vor Meisdorf zu
erreichen, um die Ortschaften im Unterlauf der Selke
(unterhalb des jetzt angegebenen alternativen HRB Lange
Wiese) zu schützen, sowie die Vorschläge zu alternativen
Standorten der geplanten HRB zu prüfen. Dem Moderator gelang
es, die Debatten über die stark divergierenden Positionen
und Ziele in gegenseitigem Respekt und einer
lösungsorientierten Diskussionskultur zu leiten.
Hervorzuheben ist dabei die Bereitschaft, die Erörterungen
in hoher Fachlichkeit bei den vielfältigen
wasserwirtschaftlichen, naturschutzfachlichen oder
rechtlichen Fragen durchzuführen. Am Runden Tisch fand ein
Lern- und Verstehensprozess statt, der Annäherungen
ermöglichte ohne die eigenen Positionen grundsätzlich
aufzugeben.
Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen trafen sich in der
einvernehmlichen Überzeugung, dass im Grundsatz
Hochwasserschutz und Naturschutz berechtigte Anliegen und im
Sinne des Runden Tisches prioritär sind. Dabei sollen
Tourismus, Landschaftsästhetik (möglichst geringe
Beeinträchtigung der Heimat), lokale Wirtschaft und
Grundbesitzer (Erhaltung und Sicherheit des Eigentums)
gebührende Beachtung finden.
Der Runde Tisch tagte im zurückliegenden Jahr neun Mal. In
drei öffentlichen Veranstaltungen wurde der Bevölkerung die
Gelegenheit zu Information und Diskussion gegeben.
III Das Ergebnis
In einem gestuften Auswahlverfahren verständigte sich der
Runde Tisch auf zu untersuchende Maßnahmen und Varianten,
die nach fachlichen Abwägungen, Ortsbegehungen und
intensiven Debatten ausgewählt wurden (siehe Übersicht
Anlage 1). Dies geschah für die weitere Betrachtung in dem
Bewusstsein, dass der Selke-Dialog zu einer Beschleunigung
des Genehmigungsverfahrens für den Hochwasserschutz
beiträgt, wenn sich der Runde Tisch einvernehmlich auf
wenige mit Vorrang zu prüfende Maßnahmen verständigt.
Für eine zügige Verbesserung des Hochwasserschutzes
befürworteten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits
früh im Prozess einstimmig, dass das
Planfeststellungsverfahren HRB Straßberg weitergeführt
werden soll.
Der Runde Tisch fordert als zentrales Anliegen den Schutz
vor einem HQ100-Hochwasser für alle Ortschaften entlang der
Selke, unter Einbeziehung der erarbeiteten Vorschläge, zu
gewähren. Für die Orte ab der Ortslage von Meisdorf
(unterhalb des alternativen HRB Lange Wiese) ist der
HQ100-Hochwasserschutz mit möglichst geringer technischer
Ausprägung des innerörtlichen Hochwasserschutzes zu
erreichen. |
Somit empfiehlt der Runde Tisch zur
fachlichen und rechtlichen Prüfung folgende Einzelmaßnahmen
und deren Kombinationsmöglichkeiten sowie
Maßnahmenminimierungsmöglichkeiten (siehe Maßnahmeblätter
Anlage 2):
• HRB Straßberg
• HRB Uhlenbach
• HRB Meisdorf
• HRB Lange Wiese
• HRB Ermsleben
• Steinverwallungen und Querriegel
Darüber hinaus hat die Arbeit am Runden
Tisch gezeigt, dass weitere Faktoren beachtet und verbessert
werden müssen. Daher werden vom Runden Tisch folgende
Rahmenbedingungen formuliert:
• Ziel der Hochwasserschutzmaßnahmen ist,
den Ausbau des innerörtlichen Hochwasserschutzes
(Silberhütte, Alexisbad, Mägdesprung, Meisdorf, Ermsleben,
Reinstedt, Hoym, Gatersleben, Hausneindorf, Hedersleben) so
gering wie möglich zu halten. Dieses hat höchste Priorität.
• Die ackerbauliche Nutzbarkeit soll
erhalten bleiben und bei Inanspruchnahme soll ein
vollständiger Ausgleich des Produktionsausfalls erfolgen.
• Notwendige A&E-Maßnahmen sollten nicht
auf landwirtschaftlichen Nutzflächen erfolgen.
• Im Rahmen der weiteren Planungen für
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sollen bestehende Gewässer-
und Umfeldstrukturen ökologisch und Wasser rückhaltend
aufgewertet und entwickelt bzw. zugelassen werden.
• Alle Maßnahmen und Maßnahmekombinationen
sollen der Biodiversitätsstrategie des Bundes und des Landes
nicht entgegenstehen.
• Es wird erwartet, dass bei eventuell
auftretenden Verunreinigungen, Belastungen oder Ablagerungen
auf den im Ereignisfall für den Rückstau betroffenen Flächen
der Eigentümer und der Bewirtschafter der landwirtschaftlich
genutzten Flächen für alle durch den Rückstau eventuell
entstandenen Probleme haftungsfrei gestellt werden.
Darüber hinaus fordern die nichtbehördlichen Mitglieder des
Runden Tisches von Frau Ministerin Prof. Dr. Dalbert über
die Landesregierung sicherzustellen, dass die Umsetzung der
erforderlichen nachhaltigen Hochwasserschutzmaßnahmen an der
Selke durch die zuständigen Landesbehörden bestmöglich
unterstützt und vom Talsperrenbetrieb Sachsen- Anhalt (TSB)
mit höchster Priorität umgesetzt werden. Der Runde Tisch
erwartet darüber hinaus, den TSB so auszustatten, dass eine
Umsetzung zügig erfolgen kann.
Der Runde Tisch spricht sich dafür aus, dass nach Beendigung
des Selke-Dialoges für den weiteren Planungsprozess ein
begleitender Beirat eingerichtet wird und die Mitglieder
durch das MULE berufen werden.
Unterschriften :
BI Gatersleben (und Seeland)
Pro Hochwasserschutz
BI Naturnaher Hochwasserschutz Selke
BI Pro Hochwasserrückhaltebecken der Stadt Falkenstein/HarzStadt
Stadt Seeland
Stadt Harzgerode
Stadt Falkenstein/Harz
Salzlandkreis
Landkreis Harz
Walbesitzerverband für Sachsen- Anhalt e.V.
Harzklub e.V.
Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.
BUND Sachsen-Anhalt e.V.
Bauernbund Sachsen-Anhalt e.V.
Landesamt für Umweltschutz Sachsen- Anhalt
Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft
Sachsen-Anhalt,
Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energiei Referat
Hochwasserschutz
Moderator
Die Ministerin für Umwelt,
Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt, Frau
Prof. Dr. Dalbert, nimmt diese Erklärung dankend entgegen
Gatersleben, 25. Juni 2018 |