Selke-Dialog
1. Runder Tisch am 6.
Sept 2017
TOP 4.2
Identifizierung / Sammlung der zu klärenden Sachfragen,
Alternativen
und Varianten
Vortrag der Bürgerinitiative
Naturnaher Hochwasserschutz Selke [BI NatnHWS] Detlef
Mahlo
Langfassung als Anlage zur
Niederschrift
(Der Vortrag wurde gekürzt mündlich vorgetragen.)
Der Konflikt, um dessen
Beilegung wir uns hier bemühen, besteht nicht zwischen drei
Bürgerinitiativen und auch nicht zwischen dem Ministerium
[MULE], dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und
Wasserwirtschaft [LHW] und der BI NatnHWS. Sondern er
betrifft grundsätzlich unterschiedliche Rechtslagen beim
Hochwasserschutz [HWS] und beim Naturschutz [NatSch].
Deshalb sollten nach unserer Meinung an diesem Runden Tisch
vom Ministerium sowohl das Referat 22 – Hochwasserschutz als
auch das Referat 26 – Flächen- und Artenschutz teilnehmen,
denn beide sind oft nicht kompatibel :
- Der HWS soll, muß aber nicht
den Schutz der Bürger vor einem (durchschnittlich)
100-jährigen Hochwasser [HQ100] bieten. - Der NatSch
verbietet Baumaßnahmen in Naturschutzgebieten
[NSG],
Flora-Fauna-Habitat-
Gebieten [FFH] und Vogelschutzgebieten (Special
Protection Areas) [SPA] bzw.
gestattet sie nur in besonderen Situationen mit
Auflagen.
Deshalb ist der Konflikt so
schwer zu lösen. In einem Raumordnungsverfahren, das
normalerweise am Beginn eines großen Planungsvorhabens
steht, hätten diese Konflikte ausdiskutiert werden können.
Wir
danken der Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert für ihre
Initiative, in diesem Konflikt einen Kompromiß zu suchen und
uns die Möglichkeit zu geben, unsere Vorstellungen zu Gehör
bringen zu können.
Es
ist unbestritten, daß für die Bewohner des Selketals der HWS
verbessert werden muß. Gleichzeitig sind wertvollste
Naturgüter im Selketal zu schützen und zu pflegen. Beides
kann nur im Kompromiß erfolgen.
Dazu muß aber Kompromißbereitschaft
aller Seiten vorliegen.
Um diesen Kompromiß bemüht sich unsere
BI, seitdem bekannt wurde, daß der Bau der beiden HRB
geplant wird.
(1994)
Der Ausgangspunkt des Problems ist der 13. April
1994. Es gab schwere materielle Schäden in den Orten entlang
der Selke. Es hat aber bei diesem Hochwasser zum Glück keine
Personenschäden gegeben. Wir sind daher der Meinung, daß HWS
und Natsch gleichwertig betrachtet werden dürfen und damit
kompromißfähig sein sollten.
(2000)
MLU / LHW gaben bei dem Büro Dresden Dorsch Konsult
[DDC] eine Studie in Auftrag, die 2000 fertiggestellt wurde.
Es wurden mehrere Varianten untersucht,
mit und ohne HRB und der Nutzung der Teiche sowie
Baumaßnahmen in den Orten.
Die
Studie kam zu dem Schluß, daß der Bau von
Hochwasserrückhaltebecken [HRB] bei Straßberg u Meisdorf
begleitet von kleineren Ausbauten in den Orten die
kostengünstigste Variante sei.
Nach
Bekanntwerden dieser Studie sahen die im damaligen § 29-Büro
zusammengeschlos-senen Naturschutzverbände in dieser Planung
eine Gefahr für das Naturschutzgebiet Selke. Es fanden
mehrere Gespräche mit dem LHW statt auf der Suche nach einer
Einigung.
(2002
)
In diesen Gesprächen akzeptierte der LHW den
Vorschlag : Das HRB Straßberg wird toleriert, wenn auf
das HRB Meisdorf verzichtet wird, allerdings ohne
schriftliche Fixierung.
Diesen Kompromiß wollten die
Naturschutzverbände eingehen, weil das Selketal oberhalb von
Meisdorf zwischen der Selkemühle und der Thalmühle ein ganz
besonders schützens-wertes Gebiet ist. Durch den Bau eines
HRB bei Meisdorf würde es beeinträchtigt werden bis hin zur
Zerstörung wertvoller Biotope. Demgegenüber ist das Areal
bei Straßberg sowohl für den Naturschutz als auch für den
Tourismus nicht ganz so wichtig.
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind
für uns nicht vorstellbar.
Ein
Kompromiß mit einem HRB Meisdorf ist gem.
Natsch-Recht ist aus unserer Sicht nicht möglich. Also
müssen geeignete andere Objekte gefunden werden.
Im
Dezember 2002 erstellte der LHW den Hochwasseraktionsplan
Selke in dem die Ergeb-nisse der DDC-Studie aufgegriffen
wurden. Sie zieht daraus die Schlußfolgerung:
„Das Kernstück für den Hochwasserschutz im
Selkegebiet ist die Schaffung von Voraussetzungen zum
Rückhalt von Wasser durch den Bau der HRB Straßberg und
Meisdorf. Die
ökonomi-schen und ökologischen Parameter stellen hier ein
Optimum dar.“
Beide Aspekte waren bis dahin nicht ausreichend
untersucht worden – waren also reine Behauptungen.
(2003)
Eine direkte Ablehnung unseres
Kompromißvorschlags erfuhren wir aus der Zeitung. Am
22.02.2003 erschien in der Mitteldeutschen Zeitung ein
langer Artikel, in dem Herr Werner, damals Chef des
Flußbereichs Halberstadt des LHW zitiert wurde : "Ich
kann die Verärgerung der Naturschützer verstehen. Es gab in
der Tat einen Konsens mit den Paragraph-29-Verbänden."
(2004)
Im April 2004 hielt der Chef der Hochwasserzentrale
Köln Dr. Reinhard Vogt bei uns einen Vortrag, in der er,
nachdem er sich mit den Verhältnissen der Selke vertraut
gemacht hatte, uns Vorschläge für Alternativen zum HRB
Meisdorf aufzeigte. Daraufhin gründeten wir die BI NatnHWS
mit dem Ziel, auch ohne das HRB Meisdorf einen
entsprechenden HW-Schutz der Bürger mit anderen Objekten zu
erreichen und gleichzeitig die wertvolle Natur zu erhalten.
Jetzt
scheint es mit dem Selkeforum möglich zu sein, einen solchen
Kompromiß zu finden.
Für die Suche nach einem Kompromiß ist
es hilfreich, daß das PlfstV für das HRB Straßberg und die
Planung für die Annenbrücke gestoppt sind. Weiterhin
erforderlich ist die Außerkraft-setzung der
Hochwasserschutzkonzeption hinsichtlich des HRB Meisdorf.
Es
ist zu diskutieren, ob eine Einigung über das Gesamtkonzept
des Hochwasserschutzes im Selketal oder ob eine Einigung
über Einzelobjekte als "kleinster gemeinsamer Nenner"
angestrebt werden sollte, wie es schon bei der Kanalisierung
der Selke in Gatersleben praktiziert wurde.
Bei einem Kompromiß kann es nicht um
Alles oder Nichts gehen.
Wir
bieten unsere
Vorschläge zur Diskussion an, in der Hoffnung, daß sie
die Grundlage einer Einigung bilden. Wir haben auch schon in
Gesprächen, Briefwechsel mit MLU und LHW, öffentlichen
Veranstaltungen, Presseartikeln, Info-Broschüren,
Aktionstagen und der Internetseite
www.rettet-das-selketal.de für sie geworben. Dabei
haben wir berücksichtigt, daß die ganze Selke, auch
innerhalb der Orte FFH-Gebiet ist. Auch die von uns
vorgeschlagenen Objekte liegen überwiegend im Bereich der
geschützten Natur. Sie beeinträchtigen diese aber weniger,
so daß sie selbst schon einen Kompromiß zwischen HWS und
NatSch darstellen. Aber in ihrer Gesamtheit sind sie
geeignet, für die Bewohner des Selketals etwa ein HQ100 zu
erbringen.
Man kann den HWS grob einteilen in
bautechnischen, ökologischen, mobilen und individuellen HWS.
Hier
geht es vorrangig um den
bautechnischen HWS.
Die
anderen Aspekte des HWS sind auch wichtig und verdienen eine
nähere Betrachtung, sind aber in dieser Diskussion nicht
relevant.
Der ökologische HWS
bemüht sich, dem Fluß freien Raum geben. Das ist aber hier
kaum möglich und erforderlich, weil die Selke als weitgehend
unverbauter Fluß keinen "Rückbau" braucht. Dieser Zustand
ist wertvolle Natur und deshalb schützenswert. So ist z.B.
die Selkeaue zwischen dem 4. Hammer und der Thalmühle eine
natürliche Retentionsfläche.
Nur zwischen Hoym und Gatersleben sollte die Selke renaturiert
werden.
Der mobile HWS
gewinnt mit dem häufiger, lokal und unvermittelt
auftretenden Starkregen immer mehr Bedeutung.
Der individuelle HWS
sollte mit einem allgemeinen und bezahlbaren
Versicherungsschutz gefördert und gefordert werden.
Von Anfang an haben wir die Begutachtung
unserer Vorschläge durch das LHW gefordert bzw. darum
gebeten. Einen ersten Ansatz dazu gibt es neuerdings; zu den
Objekten HRB Uhlenbach, Lange Wiese und Ermsleben hat Herr
Henning eine Begutachtung zugesagt.
In
der mir zur Verfügung stehenden Redezeit und wegen des
Umfangs unserer Vorschläge ist es heute nur möglich, sie
hier aufzuzählen.
|
HRB
Katzsohlbach
|
|
HRB Sauerbach
|
|
Mühlteich
Güntersberge
|
|
HRB Ermsleben
|
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HRB Straßberg
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Umflutmulde
Reinstedt
|
|
Teiche
|
|
HRB Getel
|
|
HRB Uhlenbach
|
|
HRB B6
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|
HRB Meisdorf
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|
Umflutmulde
Gatersleben
|
|
HRB Lange
Wiese
|
|
|
Erläutern will ich hier nur einen Überblick zu den HRB Meisdorf
und Lange Wiese. Details dazu und die anderen Objekte gebe
ich als Anlage in die Niederschrift der heutigen Beratung,
damit sie im Laufe der weiteren Gespräche erörtert werden
können.
HRB Katzsohlbach
Damm oberhalb des kleinen Teiches. Obwohl nicht im NSG ist
seine Inanspruchnahme für die Natur ein großer Verlust.
Dieses HRB ist erforderlich, wenn die Vergrößerung des
Mühlteiches für den Schutz Güntersberges nicht ausreicht.
Mühlteich Güntersberge
Mit dem Neubau der Straßenbrücke am Ortsausgang Güntersberge
– Armborst – wurde der Hochwasserschutz verbessert. (siehe:
"Das neue Bauwerk ist so konzipiert, dass im Fall eines
extremen Hochwassers, wie es statistisch nur alle 100 Jahre
auftritt, zwischen Wasseroberfläche und Brückenunterkante
noch 50 cm Platz wären."
MZ QLB v. 20.05.2016: Neue Brücke über die Selke
wächst. )
Darüber hinaus steht der Mühlteich, auch Bergsee genannt,
für den Hochwasserschutz zur Verfügung. Er wird touristisch
genutzt und hat z.Z. einen privaten Pächter. Seine 12 m
breite Dammkrone lässt sich ohne große Schwierigkeiten um
ca. 1 m erhöhen, so dass ohne Beeinträchtigung der
Schmalspurbahn oder der touristischen Nutzung eine Erhöhung
des Rückhaltevolumens erreichbar ist.
Bei
dem Hochwasser im April 1994 gab es in Straßberg, der
Rinkemühle (Silberhütte) und Alexisbad große Zerstörungen,
die auf die mit großer Wucht ankommenden Wassermassen
zurückzuführen sind. Diese könnten von der vermuteten
Öffnung der Schütze des Mühlteichs Güntersberge und dem
Dammbruch nach einem Rückstau an der Selkebrücke der Harzer
Schmalspurbahn oberhalb von Straßberg verursacht worden
sein, wie zahlreiche Anwohner mündlich berichteten.
Weiterhin
ist festzustellen, dass die betreffende Eisenbahnbrücke ohne
jede Veränderung wiederhergestellt wurde. Bei einem
Überlaufen des geplanten Rückhaltebeckens – z.B. durch zwei
aufeinanderfolgende Starkregen – bestünde wieder die Gefahr
eines Rückstaus mit Dammbruch an dieser Stelle. Diese
Ereignisse sind unseres Wissens nicht in die hydrologische
Modellierung der Selke bzw. die Analyse des Hochwassers 1994
eingeflossen. Sie sind nicht durch Überschwemmung aus
stetigem Regen – der Vb - Wetterlage - sondern nur durch ein
plötzlich eingetretenes – oben geschildertes - Ereignis
erklärlich.
Wir nehmen an, dass sonst die Auswirkungen des Hochwassers
für den gesamten Bereich der Selke als geringer eingeschätzt
worden wären.
HRB Straßberg
Wie schon zuvor ausgeführt, wollten die Naturschutzverbände
das HRB Straßberg bei Verzicht auf das
HRB Meisdorf tolerieren. Diese Bedingung bestand bei
der Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens für das HRB
Straßberg nicht mehr. Unsere Einwendungen gegen das
Planfeststellungsverfahren vom 26. Mai 2014 an das
Landesverwaltungsamt können unter dem Motto "Straßberg ja,
aber nicht so !" zusammengefaßt werden.
Einige Punkte aus unserer Stellungnahme
möchten wir hier
erläutern.
a)
Trotz nachdrücklicher Forderungen der
Naturschutzverbände wurde dem Vorhaben kein
Raumordnungsverfahren vorgeschaltet. In diesem hätten die
Belange des Natur- und Umweltschutzes und der
Tourismuswirtschaft berücksichtigt werden müssen.
b)
Außerdem wäre eine Darstellung des Hochwasserschutzes
für die gesamte Selke bis zu dessen Auswirkungen auf Bode
und Saale vorzulegen gewesen, damit die Auswirkungen aller
Maßnahmen auf das ganze Fluss-System beurteilt werden
können. Die Ausführungen in der Studie von Dresden Dorsch
Consult (vom 31. Mai 1999 und Ergänzung vom 30. Nov. 2000)
erfüllen das nicht.
c)
Da naturschutzfachlichen Kriterien grundsätzlich eine
höhere Bedeutung zukommt als technischen / wirtschaftlichen,
ist den Alternativen in der Reihenfolge ihrer
naturschutzfachlichen Kriterien ohne Zweifel der Vorzug zu
geben. Stattdessen wurde die Alternative X gewählt, die die
8-schlechtesten naturschutzfachlichen Kriterien aufweist.
Ein Nachweis, dass einige der alternativen Kosten, die ein
vernünftiges oder zumutbares Maß übersteigen, ist in der
Planung nicht geführt worden. Es ist davon auszugehen, dass
alle untersuchten Alternativen auch prinzipiell
realisierbar sind.
Im
Planfeststellungsverfahren Heft 7.2:
FFH-Verträglichkeitsstudie
Ziff. 8.1.1 Beschreibung der Standortalternativen
Seite 72 Tabelle 13 wurden 10 untersuchte
Standortalternativen aufgelistet.
d)
Die Alternative Nr. VI – Ausbau der Ortslagen,
Bewirtschaftungsänderungen Mühlteich, Teufelsteich,
Fürstenteich, Kiliansteich, Frankenteich, Neubau HRB
Straßberg (allerdings Variante II) – können wir mit den
genannten Einwänden tolerieren. Allerdings zweifeln wir die
Größe des Rückhaltebeckens und damit des Dammes an, weil das
Einzugsgebiet lediglich 46 km² beträgt. Bei einem
niedrigeren Damm wäre die Durchquerung der Selketalbahn
wesentlich einfacher und kostengünstiger zu gestalten.
e)
Die vorgesehene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme – die
Renaturierung der Selke zwischen Hoym und Gatersleben ist
zwar für sich gesehen eine wünschenswerte Maßnahme, aber
als Ersatz für die beschädigte Natur im oberen Teil der
Selke - ungeeignet und unzureichend, weil z.B. Groppe und
Bachneuauge sauberes, kaltes, sauerstoffreiches und
schnellfließendes Wasser brauchen. Das Waser unterhalb von
Hoym bietet für diese Arten keinen Lebensraum.
Ein Ausgleich für die Zerstörung der Natur auf der Fläche
des Rückhaltebeckens ist nicht vorgesehen.
Zitate:
„Das Kernstück für den
Hochwasserschutz im Selkegebiet ist die Schaffung von
Voraussetzungen zum Rückhalt von Wasser durch den Bau der
HRB Straßberg und Meisdorf. Die ökonomischen und
ökologischen Parameter stellen hier ein Optimum dar.“
HW-Aktionsplan LSA 2002 Aufwand und
Nutzen rein materiell: „Allgemein gilt, dass die
Schadenssummen der Hochwasserereignisse 1994 an Wipper und
Selke die Baukosten für die HRB im Harz um ein Vielfaches
übersteigen.“
HWSK 2020 S.81
Schäden 1994 gem. HW Aktionsplan 2002
53,5 Mio DM =
26,8 Mio € geplante Baukosten gem. HWSK 2020
für Straßberg und Meisdorf zusammen
32,5 Mio €
Die
Planungsdauer liegt im üblichen Rahmen solcher Verfahren und
wurde von niemandem beeinflusst (siehe HRB Wippra). Die
Ankündigung des Abschlusses der Planung war verfrüht.
(Vergleich der Baukosten mit HRB in Sachsen z.B.
Pöbeltal
K/V= 20
€/m³
Meisdorf und Straßberg
K/V= 4,90
€/m³ Das heißt, die Baukosten werden sicher für die HRB
weit höher liegen.
Teiche
Von unseren Vorfahren wurden im Einzugsbereich der Selke 28
Teiche angelegt, die damals hauptsächlich der
Energiegewinnung dienten. Von diesen sind der Mühl-,
Franken-, Kilians-, Teufels- und Fürstenteich in 8 der
untersuchten Standortvarianten für den HWS vorgesehen.
Deshalb sollte ihr normaler Wasserstand vor einem in den
Vorhersagen angekündigten Unwetter - mindestens aber ab
Herbst – bis zu einem der Flora und Fauna der Teiche
verträglichen Maß unter dem Stauziel liegen, um immer ein
Volumen für einen plötzlichen Starkregen bieten zu können.
Der Maliniusteich bildet den Abfluss aus Franken- und
Kiliansteich und muss dafür ertüchtigt werden. Auch die
Harzgeröder Teiche sind in den HWS einzubeziehen. Damit
bieten die Teiche einen wesentlichen Schutz für die Bewohner
des Selketals.
Ein
Ausbau dieser Teiche würde nur einen geringen weiteren
Effekt bringen, weil ihr Einzugsgebiet sehr klein ist. Da
die Harzteiche wichtige ökologische Funktionen erfüllen,
steht eine komplette Inanspruchnahme für den
Hochwasserrückhalt überhaupt nicht zur Debatte. Trotzdem
sind sie für den Hochwasserschutz unverzichtbar.
HRB Uhlenbach
Das Uhlenbachtal hat ein Niederschlags-Einzugsgebiet von ca.
19 km².
Unabhängig vom HRB Straßberg bedrohen dessen Wassermassen
die Infrastruktur in Silberhütte, Alexisbad, Drathzug und
unterhalb von Mägdesprung. Deshalb ist hier ein zusätzliches
HRB erforderlich.
Mit
einem Damm unmittelbar oberhalb der dort befindlichen
Kläranlage für Grubenabwässer und einem Aufstau bis zur
Querung der B 242 läßt sich ein sehr effektives
Rückhaltebecken bauen. Probleme mit vorhanden früheren
Berganlagen (z.B. alte Stollen) sind offensichtlich nicht
relevant, da in den Variantenvergleichen der
Auslegungsunterlagen das Uhlenbachtal als möglicher
Standort eines Rückhaltebeckens genannt wird. Es würde auch
die Grubenwasser-Kläranlage schützen und sich erheblich auf
die Entschärfung der Situation im Ort Meisdorf auswirkten.
Da das Uhlenbachtal NSG und FFH-Gebiet ist, wäre dieses HRB
nur als Kompromiß für den Verzicht auf das HRB Meisdorf
akzeptabel. Für den Tourismus ist diese Tal von sehr
geringer Relevanz.
HRB Meisdorf
Den Bau des HRB Meisdorf lehnen wir aus
folgenden Gründen ab :
Das HRB Meisdorf soll in mehrfach
geschütztem Naturraum errichtet werden (FFH-Gebiet, NSG,
europäisches Vogelschutzgebiet, LSG und Naturpark) und würde
diesen schwer beeinträchtigen und teilweise vernichten, mehr
als alle anderen vorgesehenen Maßnahmen. Wir verweisen dazu
auf das Schreiben des Bundesamtes für Naturschutz. (Anlage)
Naturschutz-Status der
technischen HWS-Objekte
|
NSG
|
FFH
|
SPA
|
LSG
|
NUP
|
Selke
|
Mühlteich Güntersberge - Dammerhöhung
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-
|
x
|
-
|
-
|
x
|
x
|
HRB
Straßberg – ja, aber nicht so !
|
x
|
x
|
-
|
x
|
x
|
x
|
HRB
Uhlenbach -
|
x
|
x
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-
|
x
|
x
|
-
|
Harzteiche -
|
-
|
x
|
-
|
x
|
x
|
-
|
HRB
Meisdorf – nicht nur die Selke selbst, sondern die
ganze
Talaue und die Berghänge sind geschützte
Biotope
|
xx
|
xx
|
x
|
x
|
x
|
x
|
HRB
Lange Wiese Meisdorf - Annenbrücke
|
-
|
xx
|
x
|
x
|
x
|
x
|
Kanalisierung Meisdorf
|
-
|
x
|
-
|
x
|
x
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-
|
HRB
Ermsleben
|
-
|
x
|
-
|
x
|
x
|
-
|
Umflutmulde Reinstedt
|
-
|
-
|
-
|
-
|
-
|
-
|
HRB
Getel
|
-
|
-
|
-
|
-
|
-
|
-
|
Brücke B6n
|
-
|
x
|
-
|
-
|
-
|
-
|
Umflutmulde Gatersleben
|
-
|
-
|
-
|
-
|
-
|
-
|
HRB
Sauerbach
|
-
|
-
|
-
|
x
|
x
|
-
|
SPA = Special
Protection Areas = Vogelschutzgebiete
Selke =
Selketalstieg
Außerdem würde die auf naturnahen Tourismus
eingestellte Gastronomie im Tal in der Bauphase zum Erliegen
kommen und danach seinen wichtigsten Anreiz – die
unzerstörte Natur und die leichte Zugänglichkeit –
verlieren.
Mit
den HRB Straßberg, Uhlenbach und Lange Wiese, der Nutzung
der Teiche sowie lokalen Baumaßnahmen in Meisdorf wird dort
eine bedeutende Reduzierung des Hochwassers erreicht.
Für
Meisdorf sieht die Studie von DDC vom 31. Mai 1999 Seiten 90
bis 92 folgende Maßnahmen vor:
"Für die Varianten III und IV sind auf Grund des
Hochwasserrückhalts und der Kappung des Scheiteldurchflusses
keine örtlichen Schutzmaßnahmen erforderlich. Das bordvolle
Abflußvermögen in der Ortslage liegt bei etwa 30 m³/s, wobei
lokal begrenzte Ausuferungen bereits bei 20 m³/s auftreten.
Um Abflüsse von 85 m³/s bzw. 60 m³/s schadarm abführen zu
können, müssen umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden.
Primär sollte das feste Wehr Meisdorf durch ein im
Hochwasserfall absenkbares bewegliches Wehr ersetzt werden.
Dadurch kann der entstehende Aufstau wesentlich vermindert
werden. Ergänzend wird ein Rückbau der Sohlschwelle am km
27,58 vorgesehen. Auf Grund der durchgeführten
Mühlgrabenverfüllung ist die ursprüngliche Funktion des
Wehrs nicht mehr gegeben; ein Rückbau wird auch im
Fließgewässerprogramm empfohlen.
Lokale Überschwemmungen von Wiesen und Gärten werden für das
untersuchte HQ 100 zugelassen.
Örtliche
Hochwasserschutzmaßnahmen – Variante II " - (= kein HRB
Meisdorf)
Station [km]
|
Maßnahme
|
Bemerkungen
|
25,90 bis 28,40
|
Flussausbau und Erweiterung des Abflussprofils,
Sohlregulierung/-beräumung und Instandsetzung des
Abflussprofils, ggf. örtliche Uferaufhöhung, l=2.500
m
|
Rückstausicherung für Zufluss am km 28,3
*
erforderlich
|
26,62
|
Abriss des festen Wehrs, Neubau eines beweglichen
Wehrs, Sohlregulierung oberhalb
|
|
27,58
|
Rückbau Sohlschwelle
|
|
26,80 bis 27,40
|
Neubau Deich links, l= 600 m
|
lokale Ausuferung am rechten Ufer zulassen
|
* = An dieser Stelle fließt der Petersberger Bach in
die Selke. Es ist also wohl gemeint, dass hier ein kleines
HRB zu bauen sei. Mit einem Einzugsgebiet von ca. 1,9 km²
hat diese Rückstausicherung aber nur eine kleine
Schutzwirkung.
Zusätzlich
sollte auf der Langen Wiese vor Meisdorf ein weiterer
Rückhalt gebaut werden, indem vor der Brücke ein Wehr gebaut
und die Straße L 173 über einen Damm geführt wird.
Diese
Maßnahmen sind insgesamt wesentlich geringer, sowohl
ökologisch und ökonomisch umfangärmer, als der Bau des HRB
und sie sind gut geeignet, einen ausreichenden
Hochwasserschutz für Meisdorf zu bieten.
Daher
ist der Bau eines HRB bei Meisdorf nicht gerechtfertigt und
wir empfehlen den Stop der laufenden Planung.
Das
Einzugsgebiet der Selke beträgt ca. 470 km². Davon befinden
sich ca. 60 % unterhalb des geplanten HRB Meisdorf. Es ist
einleuchtend, dass die auf 280 km² niedergehenden Starkregen
ebenfalls zu Schäden führen werden, denen mit geeigneten
Maßnahmen begegnet werden muss.
HRB
Lange Wiese
Weil ein Neubau einer Brücke über die
Selke oberhalb von Meisdorf - der Annenbrücke - in nächster
Zeit erforderlich ist, und sich hiermit gleichzeitig der Bau
eines HRB in Verbindung mit einer über den Damm geführten
Straße anbietet, rückt dieses Objekt in den Vordergrund.
Ein Damm im Bereich der bisherigen –
das Tal durchquerenden Straße könnte ein Rückhaltebecken,
das bis zum Pegel Meisdorf reicht, ca. 350 000 m³ aufnehmen.
Zusammen mit den in der Studie von DDC
für die Variante II (mit HRB Straßberg, ohne Meisdorf)
vorgesehenen Maßnahmen ist Meisdorf ausreichend gegen
Hochwasser geschützt :HRB Sauerbach
Einzugsgebiet Ballenstedt 10,7 km²
Damm an der Straße von Meisdorf zur Hohe
Erforderlich, wenn HRB Ermsleben nur klein oder gar nicht
gebaut wird.
Der Sauerbach liegt nicht im FFH-Gebiet
HRB Ermsleben
Die im Flachland üblichen Maßnahmen wie Deichrückverlegungen
oder Retentionsflächen bieten sich hier in der Selkeaue an
- im Gegensatz zu dem engen Selketal und seinen Nebentälern.
Darum müssen die in der Aue gegebenen Möglichkeiten für den
Schutz von Ermsleben, Reinstedt, Hoym und Gatersleben auch
genutzt werden. Der Schutz vor einem Hochwasser für alle
diese Orte wäre wesentlich höher, als es mit dem HRB
Meisdorf möglich wäre.
Vor Ermsleben kann auf der Fläche, die bei dem Hochwasser
1994 eine spontane Retentionsfläche darstellte, ein Damm
oder eine Staumauer entlang der Bahnlinie bis zum
Pappelteich und bis zum südlichen Rand des Flusstales gebaut
werden, wo bei maximal möglichem (wenn erforderlich) Aufstau
von 10 m ein Rückstau bis kurz vor Meisdorf mit einem
Stauvolumen von ca. 2 Mio m³ entstünde.
Die Einschränkungen der betreffenden Fläche für die Nutzung
durch die Landwirtschaft sollten über entsprechende
Entschädigung an die Landwirte akzeptabel sein. Da in diesem
Bereich nur die Selke mit ihrem Uferbereich FFH-Gebiet ist,
sind hier die Konflikte mit dem Naturschutz gering.
Umflutmulde Reinstedt
1994 ist in dem offensichtlich ehemaligen Flußbett ein Teil
des Hochwassers geflossen. Dieses Flußbett ist wieder
herzurichten und ist nicht FFH-Gebiet.
Am Ortseingang von Reinstedt werden zwei Sperrbauwerke
errichtet, die bei Hochwasser so gesteuert werden, dass die
schadlos durchleitbare Wassermenge durch den Ort und die
darüber hinausgehende Menge über die Umflutmulde fließt.
Diese Maßnahme verursacht von allen hier vorgeschlagenen die
geringsten Kosten.
HRB Getel
Mit dem Bau eines neuen Rückhaltebeckens kurz vor der
Mündung der Getel in die Selke würden die Wassermassen aus
Ballenstedt – einem Einzugsgebiet von ca. 36 km² -
aufgenommen und ein Schutz vorwiegend für Hoym erreicht
werden. Die Getel liegt nicht im FFH-Gebiet.
HRB B6
Das Damm- bzw. Brückenbauwerk der B6 über die Selke oberhalb
von Gatersleben zeigt in seiner Gestaltung mit seinen
seitlichen Entlastungsöffnungen bereits, dass man hier mit
Hochwassergefahr gerechnet hat.
Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz hat es aber trotz der
prekären Situation für Gatersleben unterlassen, hier den
Brückendamm in den Hochwasserschutz einzubeziehen.
Es besteht aber nach wie vor die Möglichkeit, dieses Bauwerk
für temporären Rückstau zu nutzen. Dieser könnte bis kurz
vor Hoym reichen, wobei man die dort betroffene Kläranlage
als Einzelbauwerk in Insellage sichern müsste.
Umflutmulde Gatersleben
Diese Umflutmulde ist deshalb sinnvoll, weil ein Starkregen
nicht nur im Harz niedergeht, wo er im HRB Ermsleben
aufgefangen würde, sondern wenn er in der Selkeaue
niedergeht.
In den vergangenen Jahren wurde durch Kanalisierung der
Selke im Ort ein Schutzniveau von HQ 20 erreicht. Da dieser
zum Schutz von Gatersleben vor einem Hochwasser aus dem
Entstehungsgebiet der Selkeaue als nicht ausreichend
angesehen wird, schlagen wir den Bau einer Umflutmulde vor,
die einen wesentlich höheren Schutz bietet.
Dieses Bauwerk folgt einem historischen Flußlauf und ist
nicht FFH-Gebiet. Es verläuft von dem neu gebauten Wehr
südlich von Gatersleben, dann westlich Gatersleben bis
Hausneindorf und entlang des Bahndammes bis zur Mündung in
die Bode oder als Ausbau des Grenzgrabens wieder in die
Selke. Sie wird durch einen ca. 1,5 m hohen Deich gegen den
Ort Gatersleben (östlich) und den westlichen Rand des
Überschwemmungsgebietes von 1994 gebildet.
Bitte lesen Sie die in meinem Vortrag
weggelassenen Ausführungen in der Niederschrift der
heutigen Beratung. Weitere Informationen zu allen mit dem
Thema HWS im Selketal im Zusammenhang stehende Themen finden
Sie auf unserer Internetseite
www.rettet-das-selketal.de . Ich hoffe, für die nächsten
Beratungen Diskussionsstoff geliefert zu haben und danke für
Ihre Aufmerksamkeit.
Anlage
Schreiben des Bundesamtes für
Naturschutz vom 29. Aug. 2003 an den NABU Sachsen-Anhalt.
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